Vorleser*innen gesucht: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg, nie wieder brennende Bücher!

Der Arbeitskreis Zivilklausel an der Universität zu Köln lädt zur Lesung und zum Vorlesen ein:

Lesung anlässlich des 84. Jahrestages der Bücherverbrennung durch die Faschisten am Mittwoch, den 17. Mai 2017, 11:00 bis 17:00 Uhr, auf dem Albertus-Magnus-Platz, vor dem Hauptgebäude der Uni Köln.

Wer nur zu bestimmten Zeiten lesen kann, möge sich für die Koordination bitte unter lesungen@yahoo.de melden. Für Kurzentschlossene liegt eine Auswahl der Werke der Autoren vor Ort aus.

Ich glaube wie je, daß literarische Bemühungen niemals ohne Wirkung bleiben, wie lange es auch dauern mag, bis die greifbare Welt ihnen zugänglich wird. Künftige Menschen können sich einem gerechten Handeln nur dann gewachsen zeigen, wenn wir verharrt haben in der Sprache der Wahrheit.
Das schrieb Heinrich Mann 1933 in „Die erniedrigte Intelligenz“ (Aus: Heinrich Mann: Verteidigung der Kultur. Antifaschistische Streitschriften und Essays).
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Aufruf

Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg, nie wieder brennende Bücher!„Die Klassiker lebten in den finstersten und blutigsten Zeiten. Sie waren die heitersten und zuversichtlichsten Menschen.“ Bertolt Brecht, „Me-Ti/Buch der Wendungen“, 1939.

Albertus Magnus, Universität zu Köln. Foto: @1971Markus (Creative Commons)

Fortschrittliche Kulturschaffende und Intellektuelle wendeten sich in den Krisenzeiten von 1929 gegen nationalistische Hetze und Verhältnisse, die dem Menschen nicht würdig sind. Sie gaben den Erniedrigten eine Stimme, der Wut über die herrschende Ungerechtigkeit eine aufgeklärte und weltoffene Richtung, entlarvten mit wachem Blick den zunehmenden und von Justiz und Beamtentum tolerierten Nazi-Terror und wirkten für eine anteilnehmende und solidarische Gesellschaft. Ihr Schaffen war aufrichtender Bezugspunkt und Ermutigung zu widerständigem und solidarischem Handeln gegen den aufkommenden Faschismus. Die Nazis mussten diese Kulturschaffenden und die Wahrheiten die sie aussprachen bekämpfen. Denn sie stellten der feigen sozialdarwinistischen Hetze, der dumpfen antiintellektuellen Romantisierung des „Ariertums“ und des soldatischen Gehorsams eine wissenschaftliche Weltanschauung, die Befürwortung des Lebens und die Überzeugung der gleichen Rechte aller Menschen entgegen.

Wenige Monate nach der Machtübertragung an die Faschisten, am 10. Mai 1933, brannten an den meisten deutschen Hochschulen die Bücher von jüdischen, bürgerlich humanistischen, pazifistischen und marxistischen Autorinnen und Autoren. Am 17. Mai auch an der Universität Köln. Nicht auf Befehl der NSDAP, sondern auf Initiative der Studierendenschaften unter Regie der völkisch-militaristisch gesinnten Burschenschaften und unter dem Wohlwollen breiter Teile der Professorenschaft. Verbrannt und verboten wurden Werke von Heinrich Heine, Erich Kästner, Nelly Sachs, Irmgard Keun, Carl von Ossietzky, Erich Maria Remarque, Kurt Tucholsky, Sigmund Freud, Heinrich Mann, Anna Seghers, Lion Feuchtwanger, Bertolt Brecht, Karl Marx und vielen anderen. Ihre Verfasser wurden verfolgt, in Konzentrationslager gesperrt oder gingen ins Exil, wo etliche den Widerstand gegen den Faschismus als Geflüchtete fortsetzten.

Der Raub- und Vernichtungskrieg der Nazis hat über 60 Millionen Tote gefordert, sechs Millionen Menschen wurden in den Konzentrationslagern ermordet. Und doch konnten die Nazis das „andere Deutschland“ nicht zum Schweigen bringen, haben Menschen widerstanden und konnte deshalb die Alternative einer menschenwürdigen Gesellschaftsentwicklung nicht vernichtet werden. Das größenwahnsinnige „Tausendjährige Reich“ ist nach zwölf Jahren besiegt worden, der „Griff nach der Weltmacht“ endete mit der Kapitulation und vollkommenen Niederlage Nazideutschlands.

Die antifaschistische Aufklärung über die Verbrechen Nazi-Deutschlands, die Ablehnung der Gewalt und die Verteidigung der Kultur, das unverbrüchliche Engagement für eine neue, zivile und dem Menschen würdige Gesellschaft waren konstituierend für das Bündnis unterschiedlicher Weltanschauungen, das Deutschland und die Welt vom Faschismus befreite. Wir wollen am 17. Mai aus den Büchern der Autoren lesen, deren Werke 1933 verbrannt wurden und Gedanken, Erkenntnisse, Hoffnungen und Ansprüche zur Geltung bringen, die heute neu zu fassen und einzulösen sind. Alle sind eingeladen sich zu beteiligen am gemeinsamen Lesen, Zuhören, Lernen und Lachen gegen Rechts, für eine erhellende und aufgeklärte Wissenschaft und Kultur und eine erfreuliche Zukunft für alle Menschen überall.

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