Gruß der DFG-VK Gruppe Köln an den „Friedensmarsch #NichtMitUns“

Am 17. Juni 2017 fand in Köln der „Friedensmarsch #NichtMitUns. Muslime & Freunde gegen Gewalt und Terror“ statt. Es folgt ein Text der DFG-VK Gruppe Köln dazu.


Als pazifistische Organisation lehnen wir jeglichen Terror und jede Art von militärischer Gewalt ab. Unsere Grundsatzerklärung lautet: „Der Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Ich bin daher entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen und an der Beseitigung aller Kriegsursachen mitzuarbeiten.“

Daher begrüßen wir sehr, dass sich viele Personen und Organisationen partei- und religionsübergreifend zu dem „Friedensmarsch #NichtMitUns – Muslime und Freunde gegen Gewalt und Terror“ zusammengefunden und am 17. Juni 2017 in Köln ein starkes Zeichen „gegen Extremismus, Terrorismus, Krieg und Diktatur“ gesetzt haben.

Das Graffito zeigt zwei olivgrüne Panzer, die sich schussbereit gegenüberstehen auf gelbem Hintergrund. Dazwischen steht ein rotes Strichmännchen, das sie auseinanderhält.

„War is not the answer“. Graffito in Köln.

Nach den Anschlägen am 11. September 2001 erklärten die USA den „Krieg gegen den Terror“. Die NATO stellte den Verteidigungsfall (Artikel 5 des NATO-Vertrags) fest, der bis heute andauert. Die Anschläge vom 11. September 2001 wurden nicht vollständig aufgeklärt; die Urheberschaft konnte bisher keinem Staat nachgewiesen werden. Kein Staat hat 2001 oder danach ein NATO-Mitglied angegriffen. Dennoch haben NATO-Staaten völkerrechtswidrig folgende Staaten mit überwiegend muslimischer Bevölkerung militärisch angegriffen (vgl. Daniele Ganser, Illegale Kriege, 2016):

  • 2001 Afghanistan (USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland)
  • 2002 Pakistan (USA; weitgehend geheime Angriffe auf das afghanisches Grenzgebiet),
  • 2003 Irak (USA und Großbritannien),
  • 2009 Jemen (USA: geheimer Drohnenangriff durch Spezialtruppen)
  • 2011 Libyen (Frankreich, Großbritannien, USA)
  • 2011 Syrien (USA, Großbritannien und andere Staaten unterstützen islamistische Gruppen in Syrien, um die Regierung Assad zu stürzen; verdeckte Waffenlieferungen)
  • 2014 Syrien (USA bombardieren ab 2014, Frankreich und Großbritannien ab 2015, Deutschland erklärt „Krieg gegen Terror“ in Syrien, Irak und der Region am 4. Dezember 2015),
  • 2015 Jemen (USA, Frankreich, Großbritannien unterstützen Saudi-Arabien dabei, Jemen anzugreifen).

Allein in den Jahren 2003 – 2010 fielen dem sogenannten „Krieg gegen den Terror“ in Afghanistan, Irak und Pakistan 1,3 Millionen Menschen zu Opfer, wie die Ärzteorganisation IPPNW auf Grundlage einer Studie berichtete.

In allen angegriffenen Ländern finden auch heute noch Kriegshandlungen statt. Syrien und Afghanistan sind diejenigen Länder, aus denen die größte Zahl der von den Vereinten Nationen registrierten Flüchtenden kommt.

Deutschland trägt dreifache Mitverantwortung für diese Entwicklung:

  • Es beherbergt über 170 der rund 800 ausländischen Militärstützpunkte der USA, darunter das Logistikdrehkreuz Ramstein Air Base mit der für den US-Drohnenkrieg unverzichtbaren Relais-Station, sowie zwei der weltweit sechs militärischen US-Kommandozentralen (EUCOM und AFRICOM in Stuttgart). Die jeweils amtierenden Bundesregierungen untersagten den USA nicht, deutsches Territorium für ihre Kriege zu nutzen – auch nicht, als sie die Kriegsteilnahme Deutschlands ausdrücklich abgelehnt hatten (Irak 2003 und Libyen 2011).
  • Deutschland gehört zu den weltweit größten Exporteuren von Kriegswaffen und Munition. Die Empfänger waren und sind häufig Konfliktparteien im Nahen und Mittleren Osten.
  • Deutschland gehört mit der Bundeswehr und dem Bundesnachrichtendienst in mehreren Kriegen zu den angreifenden Staaten (Afghanistan, Syrien).

Vor diesem Hintergrund wünschen wir den Mitwirkenden und Teilnehmer*innen des Friedensmarsches

  • Mut, um mit dem Terrorismus auch den sogenannten Krieg gegen den Terrorismus abzulehnen,
  • Aufmerksamkeit, damit man die islamistische Begründung des Terrors genauso wie die humanitäre Begründung des Angriffskriegs als das erkennt und benennen kann, was es ist: ein Missbrauch der Religion durch die Islamisten und ein Missbrauch „westlicher Werte“ durch säkulare Regierungen; und schließlich
  • Durchhaltevermögen, damit sich das breite gesellschaftliche Spektrum, das sich in dem Friedensmarsch gezeigt hat, für eine mutige, weitsichtige und friedliche deutsche Außenpolitik einsetzt.

Beim Ostermarsch 2016 in Köln: Krieg gegen den Terror. Foto: Herbert Sauerwein.

Wir wünschen uns, dass der Friedensmarsch und weitere Initiativen der Erkenntnis dienen, dass nicht nur die muslimische Religion, sondern auch Begriffe wie „Demokratie“, „Menschenrechte“, „Freiheit“ oder „westliche Werte“ missbraucht werden können, um Gewalt zu rechtfertigen.

Der „Krieg gegen den Terror“ kommt ohne einen Feind aus, den man physisch vernichten könnte. Daher gibt es keinen Sieg und keine Niederlage. Es ist ein Gewaltkonzept, das auf Dauer angelegt und weder zeitlich noch räumlich eingegrenzt ist: das alptraumhafte Konzept eines ewigen Kriegszustands mit außerordentlichen Vollmachten der Krieg führenden Regierungen.

Wer den Terror besiegen will, muss daher den Krieg gegen den Terror beenden.

Gemeinsam können wir es schaffen!

 

DFG-VK Gruppe Köln, 22.6.2017

 


Quellenhinweise:

Daniele Ganser: Illegale Kriege. Wie die NATO-Länder die UNO sabotieren. Eine Chronik von Kuba bis Syrien, Zürich 2016

Body Count. Opferzahlen nach 10 Jahren “Krieg gegen den Terror”, Hrsg. IPPNW et al., Berlin 2015, S. 17

Ann Wright, am 7.4.2016 in Köln (zur Zahl der US-Militärbasen ab Min. 5:17)

Claudia Haydt: Munition für Konfliktgebiete. Die Ausfuhr deutscher Rüstungsgüter in Krisenregionen ist mittlerweile der Regelfall, 11.1.2017 (Abruf 17.6.2017)

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