Offener Brief der Drohnen-Kampagne an Bundestagsabgeordnete: Keine Entscheidung zur Bewaffnung von Drohnen während der Coronavirus-Krise!

Die „Drohnen-Kampagne“ hat am 23. März 2020 folgenden Offenen Brief an alle Abgeordnete des Deutschen Bundestages geschrieben.


Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie wissen, darf laut dem geltenden Koalitionsvertrag eine parlamentarische Entscheidung über eine mögliche Bewaffnung von Drohnen erst nach „ausführlicher völkerrechtlicher, verfassungsrechtlicher und ethischer Würdigung” [so der Wortlaut im geltenden Koalitionsvertrag – d. Red.] stattfinden. Das Bundesministerium der Verteidigung [BMVg – d. Red.] hat neulich beteuert, dass die Diskussion dieser Fragen „eine breite gesellschaftliche Debatte“ beinhaltet.

Mit guten Gründen sind wir besorgt, dass das BMVg diese wichtige und schon lang versprochene „gesellschaftliche Debatte“ nur hinter verschlossenen Türen und weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit führen will.

Angeblich um „eine offene Debatte über eine mögliche Bewaffnung der durch die Bundeswehr eingesetzten Drohnen anzustoßen“ hatte am 2. März das BMVg alle Bundestagsfraktionsvorsitzende zu einer Podiumsdiskussion („Bewaffnete Drohnen – politische, ethische und rechtliche Aspekte“) für den 24. März in das Verteidigungsministerium eingeladen. Über diese Einladung gab es keine Berichte in den Leitmedien.

In einem weiteren Brief vom 6. März an eine Arbeitsgruppe der SPD-Bundestagsfraktion hat das BMVg seine sehr bedenklichen weiteren Pläne skizziert.  Innerhalb von nur drei Monaten nach der o. g. Podiumsdiskussion soll im Verteidigungsministerium ein „Diskussionspapier“ stehen, das nach „finaler Abstimmung“ mit den Bundestagsfraktionen an den Bundestag versandt werden soll. Erst danach soll „die weitere Behandlung des Themas in den Gremien des Deutschen Bundestags“ beginnen.

Mehrere Personen zeigen Banner, Transparente und Fahnen gegen den Drohnenkrieg.

Mahnwache Kölner Friedensgruppen vor dem Verwaltungsgericht Köln (Appellhofplatz) am 27.5.2015. Foto: privat.

Die Bundestagsfraktionen sollen unter Führung des BMVg und im Haus des BMVg die wesentlichen Entscheidungen treffen? Wo bleibt hier die „breite gesellschaftliche Debatte“?  Wie kann die Bevölkerung sich über den Verlauf informieren und einbringen?

Wird das Verteidigungsministerium etwa seine Türen für die deutsche Bevölkerung öffnen, damit sie sich an der Diskussion beteiligen darf? Werden alle Journalistinnen und Journalisten eingeladen, die sich melden? Werden die Diskussionen, die im Verteidigungsministerium stattfinden, aufgezeichnet und auf der Webseite des Bundestags gepostet wie bei parlamentarischen Debatten üblich?

Die geplante Podiumsdiskussion am 24. März wurde zwar am 17. März durch einen Brief des Verteidigungsministeriums wegen „der anhaltenden COVID-19 Pandemie“ vertagt, jedoch will das BMVg „dieses Format als offenen Dialog baldmöglichst“ nachholen.

Die schwerwiegende Entscheidung des Bundestags für oder gegen die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr darf aus guten Gründen nur nach einer breiten gesellschaftlichen Debatte stattfinden. Als Präzedenzfall wird diese Entscheidung bis weit in die Zukunft alle bewaffnungsfähigen Drohnen der Bundeswehr betreffen: ob Heron TP, „Eurodrohne“ oder auch weitere Drohnen, darunter eventuell in der Zukunft auch autonome Drohnen. Eine Entscheidung für bewaffnete Drohnen würde diese umstrittene Waffe in die Hände von auch zukünftigen deutschen Regierungen geben, welche Politik auch immer sie verfolgen.

Deswegen fordern wir alle Bundestagsfraktionen dazu auf,

  1. alle Pläne, Drohnen für die Bundeswehr zu bewaffnen, bis nach der Beendigung der Coronavirus-Krise zu stornieren, um die „gesellschaftliche Debatte“ zu ermöglichen; und
  2. konkrete Vorstellungen der Fraktion dazu, wie eine breite gesellschaftliche Debatte vor einer parlamentarischen Entscheidung über die Bewaffnung von Drohnen für die Bundeswehr gestaltet werden kann, umgehend zu veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen

Lühr Henken, Sprecher des Bundesausschuss Friedensratschlag
Elsa Rassbach, Sprecherin CODEPINK Germany, AGs Kampfdrohnen in Attac und DFG-VK
Laura von Wimmersperg, Moderatorin der Berliner Friedenskoordination

i. A. der Drohnen-Kampagne


Die 2013 gegründete „Drohnen-Kampagne“ hat am 20. Dezember 2019 ihren zweiten Appell, „Keine Kampfdrohnen!“, veröffentlicht.

Brief als pdf zum Download.

Das könnte dich auch interessieren …

×