Kajo Mentges: „Hass bringt niemanden weiter“

Von Kajo Mentges.

Ganz Wuppertal hasst die AfD!

Diese von den meisten

der ca. 10 000 Menschen öfter skandierte Hassparole auf der Demo gegen Rechts am 20.1.2024 vor dem Wuppertaler Hauptbahnhof konnte ich nicht mehr ertragen und habe deshalb die Demo vorzeitig verlassen. Auf meinem Rückweg durch die sehr dicht stehende Menge habe ich die Gelegenheit genutzt, nach rechts und links zu rufen:

Hass geht gar nicht!

Viele schauten zu mir hin und nickten mir zu. Zurück in der Schwebebahn war ich vom lauten Skandieren der Hassparolen noch sehr betroffen und in meinen Gedanken formulierte ich:

Auch der Hass der „sogenannten“ Guten lässt später Menschen bluten!

Abends wollte ich wissen, wie zwei sehr aktive Friedens-Freundinnen die Hassparolen empfunden haben, die auch auf der Demo waren. Zunächst kam Schweigen, dann zögerlich Unverständnis für meine Betroffenheit und meinen Protest, dass ich deswegen diese großartige Demo verlassen habe. Das wäre doch endlich die längst fällige deutliche Abgrenzung gegen Rechts. Kein Verstehen meiner entschiedenen Zurückweisung von Hassparolen. Dann muss ich mal darüber nachdenken, sagte die andere. Das war, nach meinem Erleben der Hassparolen auf der Demo, meine zweite Betroffenheit, diesmal durch zwei mir sehr liebe sympathische Mitstreiterinnen im Friedensengagement.

Die Hauptorganisatorin der Demo gegen Rechts, der ich deutlich meine Betroffenheit und vehemente Ablehnung dieser Hassparolen schilderte und sie fragte, warum dagegen nicht interveniert worden sei, antwortete: Solange solche skandierten Sprüche nicht rechtsrelevant seien, könnten sie als Organisatoren nichts machen. „Der Hass aus der „guten Mitte“ ist in Ordnung“, weil er sich gegen den „bösen Hass der Rechten“ richtet !? Andere FreundInnen jedoch reagierten spontan: Die einen machen ja dasselbe wie die anderen!

Woher stammt diese Hasssprache, die aus dem Netz bekannt ist und sich jetzt auch bei Demos gegen Rechts völlig unreflektiert wie selbstverständlich in ganz Deutschland verbreitet? Die meisten werden über ihr eigenes Hassgebrüll vorher nicht nachgedacht und in der umgebenden Menge „einfach mitgebrüllt“ haben. „Hass macht blind.“ Vernunft und Grundwerte sind ausgeschaltet: Hauptsache gemeinsam gegen Rechts!?

Die Würde des Menschen ist unantastbar!

soll bei Widerstand gegen Rechts nicht gelten?

Hass ist keine Meinung!

wird zu:

Hass ist meine Meinung!?

Das ist eine hoch gefährliche Demontage ethischer Grundwerte durch Spaltung ethischer Haltung. Und einige, die ich dazu befragt habe, scheinen offensichtlich das Fatale nicht zu erkennen oder blenden es aus, „weil es doch gegen Rechts geht!“

Es ist auch aussichtslos, den Hassenden mit Hass zu begegnen. Gewalt erzeugt Gegengewalt ist eine allgemein bekannte Tatsache. Hass ist auch selbstschädigend, weil er psychisch deformiert, z.B. eigene Empathiefähigkeit herabsetzt, was wiederum der eigenen Aggression freieren Lauf lässt. Auch richtet sich die eigene Radikalisierung zunächst und direkt gegen die eigene Würde, auch wenn diese Radikalisierung „nur sprachlich“ ist.

Ich werde in der nächsten Zeit dieses für unsere Gesellschaft bedrohliche Thema mit meinen Freunden in unseren verschiedenen Gruppen und mit politisch Verantwortlichen unserer Stadt ansprechen. Ich wünsche mir, dass es dazu auch einmal einen Austausch in größerem Quäkerkreis gibt.

Hölzerne Spielplättchen mit Buchstaben, die zu "NO HATE" gelegt wurden.

„NO HATE“, Bild: Wokanapix, Pixabay.


Kajo Mentges ist bei den Quäkern in Wuppertal aktiv. Wir bedanken uns für seinen Text, der zuerst in „Quäker. Zeitschrift der deutschen Freunde“ (3-4/2024) erschien.

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