Stefanie Intveen bei Pulse of Europe Köln: Zivile Sicherheitspolitik statt Aufrüstung der EU!

„Pulse of Europe“ lud am 7.4.2019 zum Thema „Frieden ist kein Naturgesetz“ auf den Roncalliplatz Köln ein. Nach einem Grußwort von Oberbürgermeisterin Henriette Reker und den angekündigten Redebeiträgen von Daniela Teske (Städtepartnerschaft Köln-Turin) und Wittich Rossmann (DGB Köln und „Abrüsten statt Aufrüsten!“) sprach u. a. Stefanie Intveen (DFG-VK Gruppe Köln). Es folgt das Skript ihrer Rede.


Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter, 

„Frieden ist kein Naturgesetz“. Ich komme gerade von einer Tagung über die Ukraine und stehe noch unter diesem Eindruck. Im Osten der Ukraine herrscht Krieg, und auf der Tagung war das sehr präsent.

Frieden ist das Ergebnis von geduldiger und dauerhafter Arbeit miteinander. Frieden muss mit möglichen Gegnern gemacht werden, mit denjenigen, die Angst einflößen. Vielen in Europa flößt Russland Angst ein, manche haben Angst vor China, einige auch vor den USA.

Eine Menge mit blauen EU-Flaggen schaut bei strahlendem Sonnenschein Richtung Bühne, welche mit dem Rücken am Seitenportal des Kölner Doms steht. Auf der Bühne aus der Ferne winzig die Oberbürgermeisterin.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker auf der Bühne von Pulse of Europe, 7.4.2019 Roncalliplatz Köln. Foto: Stefanie Intveen

In der Friedensbewegung sprechen wir vom „positiven“ oder vom „gerechten“ Frieden. Ein gerechter Friede entsteht, wenn Vertrauen herrscht, wenn man keine Angst vor dem anderen hat und alle sich – wenigstens einigermaßen – fair behandelt fühlen. Der gerechte Friede ist ein vernünftiges Leitbild für die Politik. Man muss sich nicht lieben, aber man muss versuchen, die Welt aus dem Blickwinkel des Gegners zu betrachten. Gefühle spielen eine große Rolle. Die Angst der Menschen in Polen und den baltischen Staaten vor Russland dient als Begründung für die Aufrüstung der NATO-Staaten.

Der berühmte Clausewitz hat erklärt, Krieg sei ein Mittel, das einem politischen Zweck dienen solle. Zur Friedenssicherung empfahl er militärische Abschreckung. Nach zwei furchtbaren Weltkriegen, die mit industriellen Methoden geführt wurden, Europa verwüsteten und zig Millionen Tote, Verwundete und Vertriebene hervorbrachten, fällt es schwer, diese 200 Jahre alten Ideen einfach so hinzunehmen. Die oberste Maxime muss es doch sein, militärische Gewalt unbedingt zu verhindern. Abschreckung ist im Zeitalter der Atomwaffen, der elektronischen Kriegführung, des Cyber-Kriegs zu riskant. 

Wir wissen heute ziemlich genau, wie man militärische Konflikte mit zivilen Methoden vermeiden kann. Das Wissen muss den Regierungen und Parlamenten zur Verfügung stehen, wenn es darauf ankommt. Für Diplomatie, Vorbeugung von Gewalt und vertrauensbildende Maßnahmen müssen dauerhaft genügend Mittel bereitstehen.

Wenn die EU und die EU-Mitglieder nun in die Führbarkeit von Kriegen investieren, wie wir immer häufiger in unserer Presse lesen, dann fehlen Geld und Ressourcen für die zivile Sicherheitspolitik. Es gibt ein Risiko der sich selbst erfüllenden Prophezeiung: die Angst vor militärischen Konflikten führt dazu, dass man – nach Clausewitz – auf Aufrüstung und Abschreckung setzt; das gibt dem militärischen Denken in den Regierungen einen größeren Raum; zivile Methoden der Konfliktregelung werden unterschätzt oder vergessen; und dann steigt das Kriegsrisiko tatsächlich.

Veranstaltungsbanner auf blauem Grund mit gelben Europasternchen und gelber und weißer Schrift.

„Frieden ist kein Naturgesetz“. Motto der Veranstaltung von Pulse of Europe am 7.4.2019 in Köln.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hat Methoden, Erfahrungen und Personal, das sich mit solchen zivilen Methoden auskennt. Es gibt eingespielte Frühwarnsysteme und Gesprächskanäle. Sicherheitspolitik in Europa sollte daher vor allem Sache der OSZE sein – auch weil die USA und Russland hier Mitglieder sind. Die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten können die OSZE stärken – als gemeinschaftlichen Ort der Konfliktregelung auf unserem Kontinent. 

Wir lehnen daher die geplanten Milliardeninvestitionen für die europäische Rüstungsindustrie und Militäreinsätze der EU ab. Der sogenannte Europäische Verteidigungsfonds und PESCO, der Keim einer EU-Armee, schaden der Sicherheit in Europa. Der Vertrag von Lissabon verbietet die Finanzierung von Rüstungsprojekten und Militäreinsätzen aus dem Gemeinschaftshaushalt der Europäischen Union. Wir erwarten, dass sich das Europäische Parlament gegen die Aufrüstung der EU einsetzt.

Der indische Politiker Mahatma Ghandi erklärte seine gewaltfreie Methode so: ihr Wesen bestehe darin, Feindschaften zu vernichten und nicht die Feinde selbst. Wir Europäerinnen und Europäer können daran mitwirken. 

Vielen Dank für Ihre Geduld, und ich wünsche Ihnen einen schönen Sonntag.


Ein kleiner Infotisch mit Transparenten und der DFG-VK-Flagge. Dahinter die Bühne von Pulse of Europe und das Seitenportal des Kölner Doms.

Infostand des Kölner Friedensforums zu „Abrüsten statt aufrüsten“ vor Veranstaltungsbeginn bei Pulse of Europe, 7.4.2019 Roncalliplatz Köln. Foto: Stefanie Intveen

Empfehlungen:

Ostersamstag, 20.4.2019, 11:00 Uhr, Bahnhofsvorplatz Köln: Auftakt des Ostermarsches Rhein-Ruhr

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