Distanzierung vom Papier „Versuche rechter und verschwörungsideologischer Einflussnahme auf die Friedensbewegung“
Wir veröffentlichen eine Stellungnahme des Sprecher*innenkreises der DFG-VK Gruppe Köln:
Als DFG-VK Gruppe Köln sehen wir uns veranlasst, uns von einem kürzlich veröffentlichten Papier zu distanzieren, das wir als beleidigend und sachlich falsch erachten. Das Papier mit dem Titel „Versuche rechter und verschwörungsideologischer Einflussnahme auf die Friedensbewegung. Eine Betrachtung“ stammt von einem anonymen Autor, der unter einem Pseudonym schreibt. Unserer Meinung nach trägt es zur Stigmatisierung von Personen bei, die sich für Frieden und Gerechtigkeit engagieren.
Besonders besorgniserregend ist, dass unsere Mitgliedsbeiträge zur Finanzierung dieses Textes verwendet wurden. Wir lehnen die Verwendung unserer Mittel für derartige diffamierende und unsachliche Inhalte entschieden ab. Laut dem anonymen Verfasser des Papiers sind Kritiken wie die Folgenden bereits verschwörungsideologisch einzuordnen: Die Meinung, dass die bürgerlichen Leitmedien regierungsnah seien; die Annahme, der Maidan-Putsch sei mit Unterstützung und durch westliche Einflussnahme erfolgt; die Überzeugung, dass die NATO eine wesentliche Mitverantwortung für den Ukraine-Konflikt trägt. Menschen mit solchen Ansichten haben laut dem Verfasser nichts in der Friedensbewegung zu suchen. Letztendlich dreht sich in seiner Welt alles um Abgrenzung, Ausgrenzung und Ausschluss.
Frieden kann nur durch Dialog und Zusammenarbeit erreicht werden. Spaltung und Diffamierung schwächen die Friedensbewegung insgesamt. Unsere Arbeit beruht auf den Prinzipien von Transparenz, Respekt und Kooperation. Die in dem Papier geäußerten Behauptungen stehen im Widerspruch zu unseren Werten und Zielen, verzerren die Realität und stellen die Mehrzahl der Mitglieder und Unterstützer der Friedensbewegung in einem negativen Licht dar. Das ist für uns nicht akzeptabel.
Nicht in meinem Namen
Die Stellungnahme des Sprecherkreises der Gruppe Köln zur Broschüre zur Problematik „rechtsoffener“ Strömungen und Personen in der Friedensbewegung kann ich nicht akzeptieren. Diese Stellungnahme bedarf m.E. der Überarbeitung und Ergänzung.
„Frieden kann nur durch Dialog und Zusammenarbeit erreicht werden“ – so heißt es in der Stellungnahme.
Dieser Satz kling sehr schön und friedlich, aber Eintreten für den Frieden heißt in meinem Verständnis auch, denjenigen entgegenzutreten und und ihnen Macht- und Einflussmöglichkeiten zu nehmen, die Kriege vorbereiten und Kriegsursachen begünstigen. Neben Dialog und Zusammenarbeit muss leider auch Gegnerschaft und Abgrenzung geübt werden.
Mit Leuten, die für ihren Profit über Leichen gehen wie z.B. den Chefs und Großaktionäre von Rheinmetall oder Exxon erscheinen mir „Zusammenarbeit und Dialog“ nicht nur unmöglich, sondern auch nicht wünschenswert. Die würde ich lieber hinter Gittern sehen, so dass der Rest der Gesellschaft vor ihnen geschützt ist.
Ebenso möchte ich keinen „Dialog und Zusammenarbeit“ mit Leuten, die z.B. die systematische Ermordung von Juden im Nazi-Deutschland leugnen.
Wollen wir wirklich Zusammenarbeit mit völkisch-national argumentierenden Leuten, obwohl wir wissen, dass völkisch nationale Ideologien und Rassismus in der Geschichte zu immer neuen Kriegen geführt haben? Wollen wir Zusammenarbeit mit Leuten, die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gegen Ausländer und Flüchtlinge verbreiten, obwohl wir wissen, dass es häufig Kriege sind, die Menschen zur Flucht treiben? Wollen wir Zusammenarbeit mit Leugnern des menschengemachten Klimawandels, obwohl wir wissen, dass die zu erwartenden klimabedingten Katastrophen zunehmend wichtige Kriegsursache werden?
Bei Leuten, bei denen es taktische Übereinstimmung zu einzelnen aktuellen Forderungen der Friedensbewegung gibt, die aber zugleich massive Aufrüstungsschritte für die Bundeswehr fordern, halte ich ebenfallss große Vorsicht bei irgendeiner Zusammenarbeit für angebracht. Wir sollten nicht vergessen, dass die Nazis seinerzeit ihre Wahlerfolge auch mit Friedensrhetorik erzielt haben, nur um dann nach der Machterschleichung 1933 die DFG als erste Organisation zu verbieten. Allzu leicht würden wir zur Verbreitung von Illusionen über rechtsextreme Parteien als angebliche Friedenskräfte fördern.
Es wäre ja schön, wenn wir als Pazifisten mit allen zusammenarbeiten könnten. Aber diejenigen, die Kriege vorbereiten und Kriegsursachen fördern, sollten wir auch als Gegner begreifen und behandeln können. Sie werden das mit uns bei passender Gelegenheit auch tun.
So, wie sie formuliert ist, wird diese Stellungnahme zur Lösung der Probleme, wie sie z.B. rund um die Beliner Demonstration vom 3.10. aufgetaucht sind, nichts beitragen und die Spaltungen innerhalb unserer Organisation und in der Friedensbewegung eher vertiefen. Die DFG-VK Köln wird von einigen umso mehr in die „rechtsoffene Ecke“ gestellt werden, ohne das irgendwer wirklich anfängt nachzudenken. Dialog und Zusammenarbeit mit allen und jedem kann es nicht sein. Eine inhaltliche Klärung sollte vorangetrieben werden, z.B. anhand des Artikels von Ulrich Sander: „Kein Frieden mit der AfD – Kriegerische Militärpolitik bei Rechtsaußen“ (Friedensforum, Zeitschrift der Friedensbewegung, 6/24, S. 3).
Zugleich erscheint es mir wichtig, auf politisch unerfahrene Leute, die mit ehrlichen Friedensengagement in die Fänge von Rechtsextremen geraten sind, immer wieder zu zu gehen und den Dialog zu suchen. In diesem Sinne habe ich es ja seinerzeit mit Aktiven vom „Friedenswinter“ in Köln gehalten und mich damals darüber mit rigiden „Abgrenzern“ auseinandergesetzt. Allein mit Abgrenzung von immer mehr Leuten wird sich auch nichts vorwärts bewegen.