Amtsgericht Cochem verurteilt Atomwaffengegner wegen Aufforderung zum Geheimnisverrat

2.400 Euro Geldstrafe für Verteilung von atomwaffenkritischen Flugblättern zum Whistleblowing

Von Roland Blach

Büchel2015

Flugblätter, mit denen an Bundeswehrsoldaten appelliert wird, die Öffentlichkeit
über die nukleare Teilhabe der Bundeswehr zu informieren, sind nach Ansicht des
Amtsgerichts Cochem strafbar. Damit seien die in Büchel stationierten
Bundeswehr-soldaten zum Geheimnisverrat aufgefordert werden, so Amtsrichter
Michel, weshalb er den Heidelberger Friedensaktivisten Hermann Theisen (Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgeg-nerInnen) zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen a‘ 30 Euro verurteilte. Michel zufolge habe er sogar die Verurteilung zu einer Haftstrafe in Erwägung gezogen, denn die Aufrufe zum Whistleblowing „hätten die Bundeswehrsoldaten und deren Familien ins Unglück stürzen können, wenn sie dem Aufruf gefolgt wären“, so der Richter in seiner mündlichen Urteilsbegründung.

Rechtsanwalt Martin Heiming (Vorsitzender des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins) verwies auf das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung in einer die Öffentlichkeit in besonderer Weise berührenden Frage. Zudem betonte er in seinem Plädoyer, dass es den Bundeswehrsoldaten aus Rechtsgründen untersagt sei, in die Verfügungsgewalt US-amerikanischer Atomwaffen zu kommen.

Theisen ging in der Gerichtsverhandlung auf die durch die Berichterstattung in
der ZDF-Sendung Frontal 21 ausgelöste Debatte um die geplante
Atomwaffenmodernisierung ein und erklärte hierzu: „Die Zivilgesellschaft hat das
Recht, umfassend über die Hintergründe der nuklearen Teilhabe der Bundeswehr und der geplanten Modernisierung der in Deutschland stationierten Atomwaffen
informiert zu werden. Diese Informationen von der Bundeswehr einzufordern ist
nicht strafbar, sondern legitim. Rechtswidrig ist aber die Modernisierung und
Bereithaltung von Atomwaffen, um diese im sog. Ernstfall einsetzen zu können, da
dies völker- und verfassungswidrig ist sowie gegen den Nichtverbreitungsvertrag
und den 2+4-Vertrag verstößt.“

Gegen das Urteil wird Berufung eingelegt, sodass in Kürze auch das Landgericht
Koblenz eine strafrechtliche Bewertung der atomwaffenkritischen Aufrufe zum
Whistleblowing vornehmen muss.

Roland Blach (Bundessprecher der DFG-VK) erklärt zu der Entscheidung des
Amtsgerichts Cochem: „Ich hätte dem Richter mehr Mut gewünscht. Ein Freispruch
wäre die einzige angemessene Entscheidung gewesen. Das Verfahren von Hermann
Theisen ist ein wichtiger Bestandteil der vielfältigen Aktivitäten der
Zivilgesellschaft für ein Ende der Konfrontation zwischen Russland und der NATO
und den USA. Die Bundesregierung muss eine aktive Rolle für Entspannung und
atomare Abrüstung spielen und sich zusammen mit den anderen europäischen
Staaten, in denen US-Atomwaffen stationiert sind, gegen die
Modernisierungsprogramme der USA stemmen. 70 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki
müssen wir endlich ein Verbot aller Atomwaffen erreichen.“

Abschlieߟend noch die dringende Bitte um Unterstützung für die
laufenden Anwaltskosten: Hermann Theisen, GLS Gemeinschaftsbank,
Konto: 6008778500 Bankleitzahl: 43060967.

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