Geburtstagsfeier für Chelsea Manning

Whistleblowing-Tag weltweit

Von ARIANE DETTLOFF

Glückwünsche hat sie bitter nötig: Chelsea Manning, Whistleblowerin und dafür seit sechs Jahren in US-Militärhaft, ist am 17. Dezember 2016 29 Jahre alt geworden. Zweimal hat sie wegen unerträglicher Haftbedingungen einen Suizid-Versuch unternommen. Jetzt läuft eine von über hunderttausend Menschen unterzeichnete Petition an den Noch-Präsidenten Barack Obama, Mannings unverhältnismäßig hohe Strafe von 35 Jahren Gefängnis per Gnadenerlass zu reduzieren.

Geburtstagsfeiern für die Whistleblowerin Chelsea, vormals Bradley Manning fanden unter dem Motto »Free Chelsea now!« außer in vielen US-amerikanischen Städten auch in London, Manchester, Dublin, Rom, Bukarest, Berlin, Hannover und Köln statt.

»Kriegsverbrechen zu enthüllen ist kein Verbrechen« heißt es auf der Unterstützer – Website für Chelsea Manning www.chelseamanning.org. Als IT-Spezialistin bei der US-Armee hatte Manning Hunderttausende geheime Dokumente der Enthüllungsplattform Wikileaks zugespielt. Sie belegten Kriegsverbrechen im Irak und Afghanistan, so auch die als »Collateral Murder« bekannt gewordene Aufzeichnung des Mords an Zivilisten durch eine US-Helikopter-Besatzung inklusive deren zynischer Kommentare während des Irak-Kriegs. Sie hat weltweit Entsetzen hervorgerufen. Die Täter wurden nie bestraft. Aber Mannings Enthüllung wurde so hart geahndet wie noch nie ein Whistleblowing zuvor.

Die internationalen Unterstützungs-Feiern und Freilassungsbegehren für die Transgender-Frau Chelsea Manning wurden von antimilitaristischen und Queer-Gruppen organisiert. Auch in Köln hat sich eine solche Gruppe gebildet. Hier waren insbesondere auch Kritiker*innen des »Digitalismus« beteiligt – dem Glauben, alles über Digitalisierung besser lösen zu können. „Das führt zu weniger Autonomie und mehr Fremdbestimmung“, erklärt ein Mitorganisator. Die Kölner Manning-Unterstützer*innen treten dafür ein, „das Whistleblowing, also das Weitergeben wichtiger Informationen, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, als politische Praxis zu verbreitern.“ Das betreffe nicht nur militärische und administrative Informationen, sondern auch solche aus dem Arbeitsleben. Denn wie könne man sich gemeinsam gegen Unrecht wehren, wenn es gar nicht bekannt wird?

»Eine Demokratie braucht mehr Informationen als die, die uns die offiziellen Stellen zugestehen. In diesem Sinne sind Whistleblower wesentliche Garanten für den Erhalt unserer Freiheit«, so Daniel Ellsberg, der mit der Veröffentlichung der »Pentagon-Papiere« 1971 Täuschungen der Öffentlichkeit über die wahren Gründe des Vietnam-Kriegs aufdeckte. Auch er unterstützt die Forderung nach unverzüglicher Freilassung der Whistleblowerin Manning.

Die Kölner Veranstaltung zu Chelseas Geburtstag mit Anleitungen zum sicheren Weitergeben und Verschlüsseln »geblowter« unterdrückter Nachrichten sehen die Organisator*innen als eine sinnvolle Möglichkeit, Informationshierarchien abzubauen: »Unsere Gesellschaft braucht dringend Leute, die Informationen geben, die über Unrecht aufklären und glücklicherweise findet das ja auch immer häufiger statt. Wichtig ist dabei: Wie können wir sicherstellen, dass Dokumente verantwortlich gegenüber der Informant*in und auch verantwortlich gegenüber Unbeteiligten veröffentlicht werden?« Allerdings reiche das Enttarnen von Unrecht allein nicht aus: «Es dürfte eher die Grundlage für das eigene Agieren sein und nicht der Ersatz für politisches Handeln.«

Die abendliche Tanzaufführung von Michael Baumann und Lea Pischke thematisierte in einer algorithmisch komponierten Performance mit „Videomapping“ das Verhältnis von Mensch und Maschine. Ein Video dieser Bühnen-Darbietung in einer ehemaligen Kölner Fabrikhalle wurde Chelsea Manning als Geburtstagsgeschenk ins Militärgefängnis Fort Leavenworth in Kansas geschickt.

siehe auch: www.chelseamanning.org

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