Harald Fuchs zur Kritik Herfried Münklers am „Friedensmanifest“: „In einer Reihe mit deutschen Militaristen“

Wir veröffentlichen den Leserbrief unseres Mitglieds Harald Fuchs zum Interview mit Herfried Münkler, das unter dem Titel „Ein gewissenloses Manifest“ am 14.2.2023 im Kölner Stadtanzeiger erschien.


Prof. em. Herfried Münkler setzt in seinem Interview „Ein gewissenloses Manifest“ offensichtlich auf die Unkenntnis vieler Leser über die Entwicklung des Pazifismus in Deutschland.

Als pazifistische Menschen mit Gewissen möchte er nur diejenigen gelten lassen, die Ende des 19. Jahrhunderts die Konzeption verfolgten, durch die Etablierung eines damals noch utopisch erscheinenden Völkerrechts zukünftige Kriege zu verhindern. Die grausame Erfahrung des 1. Weltkrieges brachte dann viele Pazifisten dazu, konsequent jeden Krieg (auch Verteidigungskriege) als „Verbrechen gegen die Menschheit“ zu sehen und zur Verweigerung aller Kriegsdienste aufzufordern. Vgl. hierzu die Grundsatzerklärung der „War Resisters International“, die alle in der größten und ältesten deutschen Friedensorganisation „DFG-VK“ organisierten Pazifisten unterschrieben haben. Dies erwächst z.B. aus der Erkenntnis, dass es für einen toten, schwer verletzten, traumatisierten Soldaten irrelevant wird, in welcher Art von Krieg er massakriert wird. Erst recht gilt dies für die vom Krieg betroffene Zivilbevölkerung.

Nur einem militaristisch verengten Denken kann Krieg als die einzige Perspektive des Widerstandes gegen eine militärische Okkupation erscheinen und Ablehnung der Kriegsbeteiligung als Parteinahme für den Okkupanten.

Herr Prof. em. Münkler befindet sich in einer Reihe mit all den deutschen Militaristen, die schon immer konsequente Kriegsgegner als Bündnispartner des militärischen Gegners verunglimpft haben.

Ein schmaler mann mit weißen Haaren und Jeansjacke steht fröhlich vor zwei riesigen rosa blühenden Mandelbäumen in einem sonnigen Park und winkt in die Kamera. Neben ihm zwei Fahrräder mit Flaggen.

Harald Fuchs mit DFG-VK-Flagge beim „Osterspaziergang“ am 12.4.2020 im Rheinpark Köln. Foto: privat

Indem Her Prof. em. Münkler dem „Manifest für den Frieden“ das Gewissen abspricht, nimmt er eine selbstgerechte und überhebliche Haltung gegenüber Andersdenkenden ein, in der ihm ausgeschlossen zu sein scheint, dass er sich in seiner Meinung über Gut und Böse wie auch in seiner Einschätzung des Risikos eines Atomkrieges vielleicht auch irren könnte. Die Tatsache, dass der Rückzug der USA aus Vietnam oder der Rückzug der Sowjetunion aus Afghanistan nicht zu einem Atomkrieg eskalierte beweist nicht, dass ein Verlust der Marinebasen auf der Krim von der heutigen Russischen Föderation in der selben Weise beantwortet werden würde, sähe sich dieser Staat am Rande einer umfassenden militärischen Niederlage. Soviel zum „Faktencheck“ des Herrn Prof. em. Münkler. Was nach einem „konventionellen Vernichtungsschlag“ der NATO gegen die russischen Streitkräfte in der Ukraine (inclusive Krim) passieren würde, ist vielleicht auch nicht ganz zu Ende gedacht. Ich persönlich würde in so einem Fall lieber nicht in Deutschland leben.

Im Übrigen wäre es eine Frage schlichten bürgerlichen Anstandes der Redaktion des Kölner Stadtanzeigers, den Autorinnen des als „gewissenlos“ verunglimpften Friedensmanifestes an gleichem Ort Gelegenheit zu einer Replik zu geben. Und dies am besten noch vor der von Alice Schwarzer und Sarah Wagenknecht geplanten Friedenskundgebung in Berlin.


Das „Friedensmanifest“ kann hier unterzeichnet werden (Link zu change.org). 

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